BRANDSCHUTZ SPEZIAL

Brandschutz im Krankenhaus

Text: Christopher Biffar | Foto (Header): © upixa – stock.adobe.com

Kaum eine andere Berufsgruppe arbeitet so nahe am Menschen wie jene Mitarbeiter in der Gesundheitsbranche. Ein Brandfall im Krankenhaus ist v. a. deshalb so gefürchtet, da sich hier besonders viele Patienten aufhalten, die stark mobilitätseingeschränkt sind. Sie benötigen im Ernstfall Hilfe von dem Klinikpersonal. Zwei elementare Aspekte sind hier die Bildung von Brand- und Rauchabschnitten sowie die Planung und Umsetzung der Flucht- und Rettungswege, deren Wichtigkeit in diesem Beitrag herausgearbeitet wird.

Auszug aus:

Der Brandschutzbeauftragte
Ausgabe Dezember 2021
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Krankenhäuser, oder besser gesagt Gesundheitszentren, sind bauliche Anlagen mit Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden untersucht oder behandelt werden, Geburtshilfe geleistet wird und in denen Patienten untergebracht, verpflegt und gepflegt oder behandelt werden. Genauso zählen auch Gebäude mit speziellen Fachrichtungen im Gesundheitswesen dazu, Reha-Kliniken und Hospize. An den Brandschutz in Krankenhäusern sind somit besondere Anforderungen gestellt, da es sich vom Grundsatz her um Personen handelt, die definitiv auf Hilfe und Unterstützung von Dritten angewiesen sind.

Rechtliche Grundlagen in Bezug auf geregelte Sonderbauten findet man in der Praxis in den meisten Bundesländern leider kaum (abgesehen von der „Musterwelt“). Ausnahme bildet hierbei die Brandenburgische Krankenhausund Pflegeheim-Bauverordnung (BbgKPBauV). Nachfolgend werden zwei besondere Punkte genannt, die für Brandschutzbeauftragte enorm wichtig sein können. Bitte beachten Sie, dass in diesem Beitrag nur diese beiden prägnanten Aspekte beleuchtet werden.

Brand- und Rauchabschnittsbildungen

Wie erwähnt, sind Patienten in den meisten Fällen auf fremde Hilfe angewiesen. Sie können als ortsunkundige Personen eingestuft werden, da sie sich nur vorübergehend in den Gebäuden aufhalten. Dies stellt für den Brandfall besondere Herausforderungen dar.

Möglichkeit der horizontalen Flucht
Stellen Sie sich bei einem Realbrandereignis vor, eine Sirene würde ertönen, um zu signalisieren: „Alle raus“ – ein vollkommen unrealistisches Szenario, besonders im Hinblick auf bettlägerige und mobilitätseingeschränkte Patienten. Daher wird bereits in einer Planungsphase zum Bau von Krankenhäusern bzw. Gesundheitszentren darauf geachtet, dass eine sog. horizontale Flucht in angrenzende Brandabschnitte sichergestellt ist.

Auch im Bestand ist dies im Hinblick auf den Erhalt von baulichen Anlagen dieser Nutzungsarten enorm wichtig, dass brandschutztechnische Trennungen nicht nur vorhanden, sondern diese auch dem Personal und im Besonderen dem Brandschutzbeauftragten bekannt sind.

Mängel bei Leitungsdurchführungen
Denn spätestens bei dem Thema „Leitungsdurchführungen“ brandschutzrelevanter Bauteile sind hier wie so oft im Brandschutz die bekannten Schwachstellen zu finden. Nicht zulassungskonforme Brandabschottungen, falsch verwendete Systeme oder gar komplett unverschlossene Öffnungen schwächen Bauteile mit Feuerwiderstandsdauer immens. Von einer Schutzzielorientierung im Sinne des Bauordnungsrechts sind wir hierbei dann weit entfernt, da sich nicht nur das Feuer, sondern auch toxische Rauchgase ungehindert ausbreiten können. Was das für Patienten und Personal bedeutet, die sich in einem angrenzenden Brandabschnitt als gesichertem Bereich aufhalten und auf Rettungskräfte warten, muss an dieser Stelle kaum vertiefend erklärt werden.

Aber nicht nur im Bestand ist die Problematik mangelhaft hergestellter Schottsysteme hinreichend bekannt (besonders bei Nachbelegungen), sondern auch bei Neubauten ist dies immer wieder ein Thema, welches im Rahmen einer Bau- und Objektüberwachung auftaucht. Somit heißt es für Sie, dass bei allen baulichen Änderungen und/oder Eingriffen in die bestehende Bausubstanz des Krankenhauses der Brandschutzbeauftragte informiert werden muss. Siehe hierzu den Beitrag zum Thema „Umnutzung im Bestand“.

Aufkeilen von Brandschutztüren
Das omnipräsente Thema „Aufkeilen von Brandschutztüren“ findet man als Brandschutzbeauftragter ebenfalls immer wieder in Krankenhäusern. Hierbei ist bei einer potenziellen Strafzumessung gemäß § 145 Abs. 2 StGB besondere Aufmerksamkeit geboten, da es sich bei einer ungehinderten Brandausbreitung über außer Kraft gesetzte Feuer- und Rauchschutzabschlüsse schnell um Personenschäden handeln kann und dann wenig Spielraum für eine Gegenargumentation ist (sinngemäß: „Das habe ich nicht gewusst.“ oder „Die Tür musste offen sein, weil wir hier täglich liefern.“ etc.).

Flucht- und Rettungswege

Dass Flucht- und Rettungswege im Krankenhaus jederzeit frei und nutzbar zu halten sind, wird jeder von Ihnen nachvollziehen können. Die Praxis hält auch hier einige Herausforderungen für Brandschutzbeauftragte bereit.

Allgegenwärtiger und chronischer Platzmangel in überfüllten Fluren stellt auch Rettungskräfte im Brandfall immer wieder vor Herausforderungen. Dabei sollte man annehmen können, dass eine Mindestflurbreite von 2,25 m ausreichend genug sein sollte. Essens-, Versorgungs-, oder Putzwagen beeinträchtigen die vorgegebenen Fluchtwegbreiten, sind aber nicht inflationär aus notwendigen Fluren zu verbannen. Hier heißt es, pragmatisch denken und Brandlasten grundsätzlich auf das für den Krankenhausbetrieb erforderliche Mindestmaß zu reduzieren. An dieser Stelle sei zu bemerken, dass Brandschutzbeauftragte hier auch in der individuellen Festlegung und brandschutztechnischen Bewertung mit eingebunden sein müssen.

Bitte verwechseln Sie nicht die Anforderungen an die vertikalen Rettungswege respektive notwendigen Treppenräume. Hier sind die bauordnungsrechtlichen Anforderungen und Regelungen aus den anerkannten Regeln der Technik sehr eindeutig.

Zwischendeckenbereiche bei notwendigen Fluren
Ein weiteres Thema sind auch immer wieder Zwischendeckenbereiche notwendiger Flure. Schauen Sie nicht nur in baulichen Übergängen von Brandabschnitten in diese Bereiche hinein, sondern öffnen auch stichprobenartig Decken (sofern zerstörungsfrei möglich) in Übergängen zu Schächten, zu Patientenzimmern etc. Hier lassen sich oftmals im Bestand spezielle Situationen in Bezug auf verwendete Baustoffe und bauliche Ausführungen entdecken.

Im Brandfall kann es nämlich durchaus einsatztaktisch Sinn ergeben, Patienten in den Zimmern zu belassen, bis wirksame Löscharbeiten durchgeführt wurden. Dann sollten diese aber auch mindestens rauchdicht abgetrennt sein. Als Brandschutzbeauftragter müssen Sie individuell im brandschutztechnischen Alltag und bei Entscheidungen aktiv mitwirken können und oftmals sogar Lösungen (im Rahmen bauordnungsrechtlicher Anforderungen) erarbeiten.

Fazit

Die Aufgabenbereiche für Brandschutzbeauftragte in Krankenhäusern sind sehr vielfältig. Die in diesem Beitrag erwähnten Punkte bilden im Rahmen einer gut funktionierenden Brandschutzorganisation nur einen Teil in einem brandschutztechnischen Gesamtkonstrukt.

Adäquate Alarmierungen im Brandfall, eine ausreichende Sicherheitsstromversorgung, um Eingriffe in OPs und medizinisches Equipment weiterhin bei Ausfall der allgemeinen Stromversorgung sicherzustellen, eine ausreichende Müllentsorgung, eine funktionierende brandschutztechnische Gebäude- und Anlagentechnik, Brandschutzausbildungen und Unterweisungen von Personal sowie Übungen mit der zuständigen Feuerwehr sind nur einige von vielen weiteren Punkten, die Brandschutzbeauftragte ebenfalls im Blick haben respektive im Rahmen ihrer Tätigkeiten umsetzen müssen.

Der Autor

Christopher Biffar ist Geschäftsführer, Sachverständiger & Gutachter bei der Biffar Quality Solutions GmbH in Mannheim und selbst seit 13 Jahren im Bereich Brandschutz, Sicherheits- und Risikomanagement tätig.
Die Biffar Quality Solutions GmbH bietet alle Planungs- und Beratungsleistungen, Ausbildungen sowie gutachterliche Tätigkeiten in allen Belangen des Vorbeugenden Brandschutzes, des Arbeitsschutzes und Risikomanagements an.

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